Industrielle Ei-Produktion

Eier aus der industriellen Hochleistungsproduktion sind ganz sicher nicht das was ich mir für meinem Frühstückstisch wünsche.
Die folgenden Ausführungen sind für mich der Grund warum ich mich entschlossen habe wieder selbst Hühner zu halten. Getreu meinem Motto: "Wer gesunde Eier von glückliche Hühner haben möchte, muss sich selbst darum kümmern".

Brüten für den Weltmarkt

Jedes dritte Ei, das auf der Welt verzehrt wird, soll von einer Henne aus Cuxhaven von der Lohmann Tierzucht GmbH stammen. Die folgende, unter Youtube zu findende, Reportage blickt beispielhaft hinter die Kulissen des Konzerns.

Das Video ist ein youtube-link

Die Tasachen:

Hühner gehören zu den ältesten Haustieren überhaupt. Gesichert sind ihre Spuren als Begleiter des Menschen in der bronzezeitlichen Indus-Kultur im 3. Jahrtausend vor Christus. Nach fünf Jahrtausenden Domestikation und Züchtung sind daraus verhaltensgestörte Turbohennen geworden, die heute über 300 Eier im Jahr legen

Ob im Käfig, ob in Boden- und in Freilandhaltung: Das Schicksal der Hühner in der industriellen Nutzung liegt heute in den Händen der drei Konzerne Wesjohann-Lohmann, Hendrix Genetics und Natexis, die mit ihren Hybrid-Turbohennen global die Hühnerställe bestücken. Es liegt allein an uns, ob das so bleibt.

Der Unterschied:

Die Hobbyhalter haben ihre Hühner aus Liebe zum Tier.
Die industrielle Hochleistungsproduktion erfolgt aus Liebe zum Geld.

Als Eilegemaschinen fristen die “Legehühner” in der industriellen Ei-Produktion ein anonymes Dasein, von dem wir kaum etwas wissen. Ob Käfighaltung, Bodenhaltung oder Freilandhaltung, es bleibt noch immer ein knallhartes Geschäft.

Die Zucht

  • In spezialisierten Basiszuchtbetrieben werden sogenannte Pedigree-Tiere miteinander gekreuzt.
  • Aus den gekreuzten Pedigree-Tieren werden die Urgroßelterntiere der Legehennen selektiert und wiederum gezielt gekreuzt.
  • Der Nachwuchs der gekreuzten Urgrosseltern ergibt die Grosselterntiere der Legehennen. Die Grosselterntiere werden wiederum gezielt gekreuzt.
  • Der Nachwuchs der gekreuzten Grosseltern ergibt die Elterntiere der Legehennen.

Die Vermehrung

  • Sobald die Elterntiere geschlechtsreif sind, erzeugen sie in einem Vermehrungsbetrieb die Generation der “Legehühner”
  • Weil sie ökonomisch wertlos sind werden die männlichen Küken unmittelbar nach dem Schlupf getötet oder als Lebendfutter für Zootiere verwendet.
  • Die weiblichen Küken werden in Aufzuchtbetriebe verlegt.

Die Eiproduktion

  • Mit spätestens 18 Wochen werden die Legehennen in die Eierproduktion eingestallt.
  • Dort legen die Hennen ein Jahr lang unbefruchtete “Konsumeier”
  • Legehennen produzieren nur Eier, haben als Endglied einer Generationenkette keinen Nachwuchs und werden bei natürlich abnehmender Legeleistung, nach Ende der ersten Legeperiode, entsorgt.

Eine industriell genutzte Legehenne lebt gerade einmal 18 Monate.

Was sind die Ursachen?

Dahinter steht ein exakt durchdachtes Timing, dem sich die industriellen Eierproduzenten schon aus Kostengründen kaum entziehen können.

Mit 18 Monaten kommen die Hühner in ihre erste Mauser, in der sie ihr Federkleid wechseln und einige Zeit keine Eier mehr legen. Aber natürlich brauchen sie nach wie vor Nahrung. Während der Mauser sogar deutlich mehr.

In der folgenden Legeperiode sinkt die Legeleistung auf durchschnittlich 250 statt vorher 320 Eier. Außerdem werden die Eier grösser und sind damit nicht mehr “konsumentengerecht” zu vermarkten.

Mehr Futter, weniger Eier. Diese sogenannten "Althennen" rentieren sich nicht mehr.

Sie werden vergast und dann entweder als Wärmesubstrat in der Zementfabrik verwendet oder als Rohstoff für Biogas-Anlagen eingesetzt oder zu Katzenfutter verarbeitet ... kurz: Die Tiere werden entsorgt.

Mit viel Glück werden die, nur 18 Monate alten, "Althennen", als Lebensmittel (zB. Suppenhuhn oder Pastetenfüllungen) vermarktet. Diese Varianten der sinnvollen Nutzung sind allerdings wegen angeblich sinkender Kundennachfrage als Auslaufmodell einzuordnen.

Statt etwas zu ändern wird an einer
Hühner-Idylle gebastelt.
Von Tieren in Boden- oder Auslaufhaltung, die allesamt mit Persönlichkeit, Charakter und einer Portion Intelligenz ausgestattet sind und genügsam ihrer Arbeit im Dienste des Menschen nachgehen.
Ein gutes Leben, perfekt in Szene gesetzt.

Haushühner in der Hobbyhaltung können (wenn nicht zuvor geschlachtet)
bei guten Bedingungen 8-9 Jahre alt werden.
Einzeltiere auch deutlich älter, bis zu 20 Jahren.


Unsere "älteste" Henne (Zwerg-Marans) ist 2012 geschlüpft und legt noch recht regelmäßig ihre Eier. Ebenso unsere zweitälteste Henne, eine Zwerg-Sundheimer, welche 2013 geschhlüpft ist. Beide sind noch munter unterwegs und stehen den jüngeren Hennen in nichts nach.

Insiderinformationen
Dieser Beitrag beschäftigt sich ausschließlich mit dem Sortieren von Eintagsküken über die Geschlechtsmerkmale in der Kloake:

Sortieren von Eintagsküken

Der Sortierer sitzt meist vor einer flachen „Kiste“ (zB. aus Aluminium) die mit einer Halterung zB. an einem Tisch angebracht ist. Die Kiste mit ihrer Halterung und der Stuhl sind in Göße, Lage und Höhe exakt auf die Körpermaße des Sortierers abgestimmt. Dieser muss immerhin über Stunden, möglichst ermüdungsfrei und voll konzentriert tausende von Küken nach Geschlecht sortieren.

Diese Kiste enthält noch einen Auffang für den Kot der Küken (warum wird gleich beschrieben). In diese Kiste werden dem Sortierer die Eintagsküken vom Brütereipersonal kontinuierlich nachgereicht. Soweit die Standartvariante.

Es gibt mehrere Varianten der Griffabfolgen und Haltungen. Jeder Sortierer ist da bemüht nach seine Möglichkeiten zu optimieren. Nachfolgende Darstellung ist daher nur die Grundvariante:

Das stehende Küken wird zunächst mit der linken Hand von oben gegriffen. Bei allem was jetzt folgt ist es extrem wichtig, dass das Küken auf keinen Fall verletzt wird. Gleichzeitig muss der Griff sehr sicher und extrem präzise sein.

Zunächst muss der in der Kloake des Kükens befindliche Kot entfernt werden. Dabei ist es wichtig, dass das Küken mit der Kloake vom Körper des Sortierers weg in Richtung des Kotauffangs zeigt. Schon beim Zufassen muss sich das Küken so exakt in der Hand des Sortierers befinden, dass Dieser mit einem kurzen Druck den Kot auspressen kann.

Wer das nicht exakt beherrscht verletzt das Küken!

Dieser Vorgang ist die Voraussetzung um die Geschlechtssortierung mittels Blick in die Kloake überhaupt ausführen zu können. (kurz gesagt: in einem „Haufen“ Kot ist nix zu sehen). Die Kloake muss frei von Restkot sein!

Erst jetzt ist das Küken für die eigentliche Sortierung vorbereitet!

Die Lage des Kükens in der linken Hand wird jetzt verändert. Bei einer vollen Fixierung wandert der Kopf zwischen kleinem Finger und Ringfinger hindurch nach Außen (Richtung Handrücken). Zwischen Zeigefinger und Mittelfinger wandert das rechte Bein des Kükens ebenfalls nach außen (Richtung Handrücken) Das rechte Bein liegt jetzt optisch links weil das Küken dabei kopfüber fixiert wird. Der Bauch des Kükens liegt jetzt fest an Mittelfinger und Ringfinger in der Innenhand.

Dieser Griff muss so präzise sitzen, dass die Spitze des linken Zeigefingers zusammen mit der linken Daumenspitze den mit der rechten Zeigefingerspitze und der rechten Daumenspitze erfolgenden Griff zur Öffnung der Kloake perfekt unterstützt.

Zusammengefasst sind beide Zeigefinger und beide Daumen notwendig um die Kloake soweit zu öffnen, dass das Geschlechtsmerkmal des Kükens ausreichend sichtbar freiliegt.

Auch hier gilt: Wer das nicht exakt beherrscht verletzt das Küken!

Jetzt muss der Sortierer entscheiden ob er ein männliches oder weibliches Küken in der Hand hält.

Die nur in den ersten 24Stunden nach dem Schlüpfen (Eintagsküken!) gut sichtbaren Geschlechtsmerkmale haben rein gar keine Ähnlichkeit mit dem was der Laie bei „Mann“ und „Frau“ so erwartet. Auch die in Wikipedia nachzulesende Beschreibung: “ Der Penis ist größer, gebogener und knorpliger als die Klitoris“ hat so gar nichts reales. Dem Laien eine reale Beschreibung anzubieten scheitert schon daran, dass es nicht einfach um Variante A oder Variante B geht.

Das sichtbare Geschlechtsmerkmal ist extrem klein. Ein Stecknadelkopf ist dagegen riesig. Wir reden hier zudem über Natur. Bei beiden Geschlechtern können rein optisch eine extreme Anzahl geringfügiger Abweichungen auftreten. Die optische Ähnlichkeit der Merkmale ist extrem hoch. Der Sortierer muß aber trotzdem das Küken mit einer Sicherheit von 98% einem Geschlecht zuordnen.

Die 98% Sortiersicherheit sind der seit Jahrzehnten übliche Standart für Berufssortierer.

Ein Laie ist da schlicht überfordert.

Für die Entscheidung ob männlich oder weiblich bleibt dem Sortierer deutlich weniger als eine Sekunde Zeit!

Hat sich der Sortierer entschieden, fliegen die zukünftigen Hennen mit einer kurzen Bewegung in einen Auffangbehälter nach rechts und in eine sehr kurze Zukunft als Legehenne und die Hähnchenküken in einen Behälter nach links (leider meist ohne weitere Zukunft).

Um den Stress des Jobs zu verdeutlichen: Für den gesamten Vorgang vom Aufnehmen des Kükens über das Ausdrücken des Kotes die Veränderung des Griffs der linken Hand zur Sortierung, das Öffnen der Kloake, die Sortierung selbst bis hin zur Ablage nach rechts oder links verbleiben dem Sortierer etwa 3 Sekunden. Braucht er länger verdient er weniger Geld und verursacht unnötige Kosten beim Personal.

Meist arbeiten mehrere Sortierer an einer Charge Küken. Dies führt zu einer enormen Konkurrenzsituation unter den Sortierern, die nach Stückzahl bezahlt werden. Der Schnellste bekommt schlicht das Meiste von der Charge. Eine Charge ist immer mit 98% Genauigkeit innerhalb 24h komplett abzuarbeiten. Feierabend ist erst wenn das letzte Küken einer Charge sortiert ist. Mit normalen, kalkulierbaren Arbeitszeiten hat das nichts zu tun!

EU-weit entsorgen Legehennen-Produzenten so jährlich um 300 Millionen männliche Küken. Ohne die auf maximalen Gewinn bei möglichst geringen Kosten, ausgerichtete Massentierhaltung wäre das überflüssig.

Wir Deutschen essen pro Kopf über 200 Eier im Jahr. Wenn man Umfragen glauben kann, bevorzugen wir dabei Eier von sogenannten glücklichen Hühnern.
Gibt es eine Form der Hühnerhaltung, die diesem Anspruch gerecht wird?

Natürliche Bedürfnisse von Hühnern

Hühner sind sehr neugierig, lernfähig und intelligent. Jedes Huhn ist ein Individuum mit einem ausgeprägten Charakter. Hühner sind sehr soziale Tiere.
In Freiheit lebende Hühner bilden feste Gruppen von 10–20 Hennen und einem Hahn. In der Gruppe bildet sich eine stark ausgeprägte Hierarchie heraus. Diese Hackordnung sichert ein friedliches Zusammenleben. Wild lebende Hühner legen bis zu 40 Eier im Jahr und brüten diese auch aus.

Scharren, picken und jagen zur Nahrungssuche füllen einen großen Teil des Tages der Hühner in natürlicher Umgebung. Ein Sand- bzw. Staub-Bad zur täglichen Gefiederpflege ist für die Hühner ein ausgeprägtes Bedürfnis. Es dient dem Wohlbefinden und der Gesundheit. Sie befreien sich so von Milben und anderem Ungeziefer. Den Tag verbringen die Hühner meist am Boden, suchen aber bei Gefahr und zum Ruhen erhöhte Standorte (in der Regel das Geäst von Bäumen) auf.

Haltungsformen in der industriellen Ei-Produktion

Käfighaltung

Über 10 % der deutschen Legehennen leben noch immer in Käfighaltung. Die klassische Legebatterie, in der jedem Huhn weniger Platz als die Fläche eines DIN-A-4-Blattes zusteht, ist in Deutschland seit 2010 verboten.
Als Ersatz wurde der „Kleingruppenkäfig“ eingeführt. Hier wird dem Huhn eine Fläche in der Größe von knapp eineinhalb DIN-A-4-Blättern zugestanden. Die Höhe des Käfigs muss lediglich 45 cm betragen. 60 Hühner leben in einem Kleingruppenkäfig weiterhin in vergleichsweise großer Enge. 200.000 Legehennen pro Betrieb sind üblich.
Die Behauptung die Kleingruppenhaltung würde den Legehennen ein verhaltens- und tiergerechtes Leben ermöglichen ist einfach eine Farce!

Bodenhaltung

Über 60 % der deutschen Legehennen lebt in sogenannter Bodenhaltung. Hier ist ein Quadratmeter Platz für 9 Hühner vorgesehen. Die Hühner leben in Gruppen von bis zu 6.000 Tieren.
Wie bei der Kleingruppenkäfighaltung gibt es mehrere Ebenen, um auf der Grundfläche mehr Tiere unterzubringen – die Mindesthöhe beträgt ebenfalls 45 cm. Nur für ein Drittel des Bodens ist Einstreu vorgeschrieben, der restliche Untergrund darf aus Gittern bestehen, was für die Füße der Hühner schmerzhaft sein kann.

Freilandhaltung

Über 10 % der Legehennen leben in der Freilandhaltung. Die Bedingungen in den Hallen sind identisch mit denen der Bodenhaltung. Zusätzlich ist tagsüber ein Zugang ins Freie vorgeschrieben. In der Praxis ist das allerdings kaum täglich durchzuhalten.
Der Außenbereich ist im besten Fall bewachsen und bietet Überdachungen oder Büsche als Schutz vor natürlichen Feinden wie zum Beispiel Greifvögeln. Werden keine Unterschlupfmöglichkeiten angeboten, nutzen die Tiere die Außenfläche kaum.

Biohaltung

Weniger als 10 % der deutschen Legehennen leben in Biohaltung. Die Bedingungen sind bis auf wenige Ausnahmen mit denen der Freilandhaltung identisch. Pro Quadratmeter Stallfläche dürfen 6 Hennen gehalten werden. Die Gruppengröße ist je Stalleinheit auf 3.000 Legehennen begrenzt. Auch diese Anzahl bleibt für das einzelne Huhn unüberschaubar und kommt den Bedürfnissen der Hühner nicht nahe.

Nachteile der Haltungsformen in der industriellen Ei-Produktion:
  • Außer in der Biohaltung werden die Schnäbel der Küken gekürzt, um Federpicken und Kannibalismus vorzubeugen. Diese Verhaltensweisen resultieren aus der Enge und dem Stress, denen die Hühner in der Ei-Produktion ausgesetzt sind. Statt die Haltung zu verbessern, werden die Küken so den Produktionsbedingungen angepasst.
  • Bei der hohen Anzahl Tiere in der Gruppe (weit über dem natürlichen Maß) ist es für Hühner nicht möglich, eine stabile Rangordnung zu etablieren. Das bedeutet enormen Dauerstress und führt zu ständigen Auseinandersetzungen.
  • Durch die Enge haben schwache Tiere außerdem keine Möglichkeit dominanten Hennen auszuweichen, so dass es bei den Rangordnungskämpfen zu Verletzungen der Legehennen kommen kann.
  • Dichte Tierbestände im Zusammenhang mit einer hohen Anzahl an Tieren bedeuten immer ein hohes Infektionsrisiko.

Unter den vorgenannten Haltungsbedingungen müssen Hochleistungshennen leben, die rund 300 Eier im Jahr legen. Die unnatürlich hohe Legeleistung zehrt die Körper aus. Unfälle und Krankheiten wie Knochenbrüche und Eileiterentzündungen gehören ebenso zum Alltag wie der vorzeitige Tod der Tiere.
Dass 10 % der Hennen bereits während der Ei-Produktion sterben, wird von der Geflügelindustrie einkalkuliert.

"Entsorgte" Einstreu aus der Bodenhaltung

Das Foto ist vom 09.01.2017 (klick zum Vergrößern)

Ein beispielhaftes Zeugnis zum Thema Tierschutz und Seuchenschutz in der industriellen Geflügelproduktion. Der Ort des Geschehens ist bekannt. Wen wundert es noch wenn sich Wildvögel an derartigen, in die freie Landschaft gekippten, Hinterlassenschaften infizieren?!

Abschließende Frage:

Wir Deutschen essen also gern Eier von sogenannten glücklichen Hühnern.
Werden die vorgenannten Hühnerhaltungen, diesem Anspruch gerecht?

Was kann jeder Einzelne tun, um Hühnern zu helfen?

Ein einfacher Weg, das Leiden der Legehennen zu verhindern, wäre es, künftig keine Eier aus der Industriellen Produktion mehr zu konsumieren.

Mein persönliches Fazit:
Wer gesunde Eier von glückliche Hühner haben möchte, muss sich selbst darum kümmern!
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